Qualitätsstandards für die City - Behördenwillkür oder willkommene Leitplanken?

Kaum ein Wirtschaftssektor kommt heute noch ohne Qualitätsmanagement aus. In vielen technischen Bereichen sind mit DIN-Normen oder VDI-Richtlinien traditionell harte Fakten als Eckpunkte definiert.

Dagegen müssen Vorgaben in Dienstleistungsbereichen mit „weichen“ Argumenten oftmals erst noch ausdiskutiert werden.

Im südbadischen Lörrach, einer prosperierenden Einkaufsstadt mit knapp 50.000 Einwohnern im Dreiländereck zu Frankreich und zur Schweiz, haben Handel und Verwaltung gemeinsame Qualitätsstandards für die Innenstadt erarbeitet.

Ziel dieser vom Stadtrat beschlossenen Gestaltungsrichtlinien ist die Balance zwischen zu viel und zu wenig Regulierung in der City. Ob dies tatsächlich gelungen ist, können Sie anhand folgender Textauszüge überprüfen.

WERBESTÄNDER: Pro Gewerbestandort ist nur ein Werbeständer zulässig. Dieser darf nur unmittelbar vor der Stätte der Leistung aufgestellt werden, d.h. bis maximal 1 m vor der Gebäudefassade. Werbeständer und Warenauslagen dürfen zusammen max. 50 % der Schaufensterfront einnehmen. Die max. Größe von Werbeständern ist auf das Format DIN A0 beschränkt. Aufsätze sind nicht zulässig, branchenübliche Sonderformen nur in Absprache mit der Verwaltung. Bewegliche und drehende Werbeständer, Fahnen sowie Fahrradständer mit Werbeaufdrucken sind nicht erlaubt.

WARENAUSLAGEN: Pro Gewerbestandort sind nur zwei Typen branchenüblicher Warenauslagen zulässig. Dabei ist auf hochwertige Ausführung zu achten. Warenpräsentation direkt auf dem Boden, in Drahtcontainern, in Kartons oder auf Paletten ist unzulässig. Laufwege und Durchgangsbreiten sind zu berücksichtigen. Ein Verkauf im öffentlichen Straßenraum ist unzulässig.

GASTRONOMIEMÖBLIERUNG: Pro Gastronomiebetrieb sind die Möblierungselemente in Form, Material und Farbe einheitlich zu gestalten. Die Tischgröße beträgt rund max. 80 cm Durchmesser, eckig max. 80 x 125 cm Seitenlänge. Bei der Materialwahl sind vorrangig Stahl, Aluminium, Holz, Rattan oder eine Kombination derselben zu verwenden. Monoblock-Kunststoffmöbel und Bierzeltgarnituren sind nicht erlaubt. Die Breite der Sondernutzungsfläche darf die Breite des Gastronomiebetriebes nicht überschreiten. Eine Abschrankung durch Pflanztröge ist nicht erlaubt. Einzelne Pflanzen an den Eckpunkten der genehmigten Fläche sind zulässig.

BESCHATTUNG: Markisen und Sonnenschirme sind in Farb- und Formgebung pro Gewerbestandort einheitlich zu gestalten. Es sind helle und pastelle Farben zu wählen und auf die Umgebung abzustimmen. Produktwerbung ist nicht zulässig. Ein dezenter Hinweis auf den eigenen Gewerbebetrieb ist möglich. Die max. Größe von Sonnenschirmen beträgt 4 x 5 m. Die Verankerung von Sonnenschirmen sollte aus Sicherheitsgründen durch Bodenhülsen mit Abdeckkappen erfolgen, für deren Einbau eine behördliche Zustimmung erforderlich ist. Eine Überdachung in Form von Zelten und Pavillons ist nicht erlaubt.

STRASSENMUSIK IN DER CITY: Lautstarke Instrumente wie Trommeln, Trompeten sowie elektronische Instrumente oder Tonverstärker dürfen nicht verwendet werden. Musizieren ist in der Fußgängerzone nur zu folgenden Zeiten gestattet: Mo-Sa. 10-12 Uhr und von 14-19 Uhr. Der Standort ist spätestens nach 30 Minuten um mindestens 100 m zu verlagern und darf innerhalb eines Tages nicht erneut genutzt werden. Dieselben Straßenmusiker dürfen pro Woche max. an 3 Tagen spielen.

Darüber hinausgehende Anregungen zu Sauberkeit, Öffnungszeiten, Beleuchtung und Liefer- bzw. Fahrradverkehr haben innerhalb der Lörracher Qualitätsstandards nur empfehlenden Charakter.


Aktuelle Artikel aus Domino Konkret:

 

Der kostenlose Domino Konkret Newsletter informiert Sie über die Entwicklungen in den deutschen Fußgängerzonen. Hier anmelden.

Zurück
Zurück

Zurück in die Innenstadt - Flanieren statt konsumieren

Weiter
Weiter

Einkaufscenter in Klein- und Mittelstädten - Das potenzielle Einzugsgebiet als große Unbekannte