Die Betriebspflicht des Mieters

In Zeiten großer Flächennachfrage bei nur begrenzter Verfügbarkeit und konstanten Mietsteigerungen in den 1A-Geschäftslagen der Innenstädte war die Betriebspflicht des Mieters bislang kaum ein Thema bei den Mietvertragsverhandlungen für Objekte in diesen Lagen.

Was für Geschäftsflächen in Einkaufscentern und Nebenlagen schon immer gang und gäbe war, wird in Zeiten stagnierender und sogar fallender Mieten und dem ständigen Flächenzuwachs, bedingt durch den Neubau von Einkaufscentern, nun zunehmend auch Gegenstand von Vertrags-verhandlungen für Mietobjekte in den Fußgängerzonen.

Filialbetriebe mit festen Lage- und Objektanforderungen sind oft gezwungen, ohne Rücksicht auf noch laufende Bestandsmietverträge, neue (oft größere) Objekte anzumieten, wenn sie zu den passenden Bedingungen zur Verfügung gestellt werden.

Vermieter dagegen entlassen in unsicheren Zeiten selten einen bonitätsstarken Mieter aus einem laufenden Mietvertrag, so dass für diesen oft nur die Wahl zwischen Untervermietung (was aufgrund von oft nur noch kurzen Restlaufzeiten nur an Interimsmieter möglich ist) oder Leerstand bis zum Ende der Vertragslaufzeit bleibt.

Ein Mietvertrag verpflichtet den Vermieter zur Gebrauchsüberlassung einer Sache auf Zeit und gegen Entgelt. Ob und in welchem Umfang der Mieter davon Gebrauch macht, ist seine Sache, solange er pünktlich die Miete zahlt. Den Mieter trifft an sich kein Benutzungszwang. Eine gesetzlich verankerte Betriebspflicht gibt es nicht. Sie kann in Individualverträgen ggf. gesondert verankert werden.

Bei großen Gebäudekomplexen, in Einkaufscentern und Factory Outlets bspw. ist die Betriebspflicht dagegen Standard. Denn die Attraktivität solcher Immobilien steht und fällt mit der Kontinuität ihres Waren- und Dienstleistungsangebots. Fallen Schlüsselmieter aus, lösen sie oft eine Kettenreaktion aus, in deren Verlauf mehr und mehr Mieter – und schließlich auch der Vermieter – in Bedrängnis geraten.

Bei der Vermietung von Einzelobjekten könnten als zulässiger Inhalt einer Betriebspflicht bestimmte Betriebs- oder Öffnungszeiten, Konkretisierungen zur Sortimentsgestaltung/ Sortimentsbeschränkung oder ein genau definiertes Dienstleistungsangebot vereinbart werden.

Aber Achtung: Viel hilft im Vertragsrecht nicht immer viel

Wer die Betriebspflicht des Mieters allzu engherzig gestaltet und sie mit dem Ausschluss von Konkurrenzschutz einerseits, einer Sortimentsbeschränkung und dem Verbot jeglicher Untervermietung andererseits anreichert, läuft Gefahr, dass die ganze Klausel (etwa wegen unangemessener Benachteiligung) im Streitfall vor Gericht scheitert.

Ist keine Betriebspflicht vereinbart, ist die Rechtsprechung bei der Annahme einer stillschweigend vereinbarten Betriebspflicht eher zurückhaltend (Merke: Den Mieter trifft kein Benutzungszwang!).

Eine Alternative zur vertraglichen Vereinbarung gibt es deshalb nicht. Die wirksame vertragliche Vereinbarung einer Betriebspflicht vorausgesetzt, lautet die entscheidende Frage, ob und wie der Vermieter überhaupt einen Anspruch quantifizieren und diesen ggf. später dann durchsetzen kann.

Sein Interesse gilt im Zweifel nicht einer Kündigung mit anschließender Räumung, sondern der uneingeschränkten Wiederaufnahme des Ladenbetriebs.

Ein „normales“ zivilgerichtliches Klageverfahren kann das nicht leisten. Ohne einstweiligen Rechtsschutz, einer einstweiligen Verfügung also, wäre ein effizienter Rechtsschutz nicht möglich. In diesem Verfahren erweist sich der Nutzen einer sorgfältigen Vertragsgestaltung.

Scheitert die Durchsetzung der Betriebspflicht hier, ist oft schon das spätere Scheitern im Hauptsacheverfahren absehbar und dessen Folgen auch: Leerstand oder nur noch eingeschränkte Betriebs- oder Öffnungszeiten mit negativer Ausstrahlung auf benachbarte Ladengeschäfte.

Mangels Vertragsverstoß sind dann auch Schadenersatzansprüche nicht begründbar.


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