Retail Media: Mehr Umsatz auf gleicher Fläche? (Juli 2024)

Domino Konkret Newsletter vom Juli 2024

Nachdem das erste Halbjahr für den deutschen Einzelhandel in der öffentlichen Wahrnehmung weiterhin von Insolvenzen und der insgesamt angespannten Wirtschaftslage geprägt ist, gibt es aber auch Entwicklungen, die neue Möglichkeiten für 1A-Innenstadtlagen aufzeigen.

Besonders größere Filialunternehmen mit exponierten Verkaufsflächen investieren zunehmend im Bereich Retail Media und versuchen so, ihre Erlöse zu optimieren.

Retail Media bedeutet letztlich nichts anderes, als dass die Händler zusätzlich zu ihren Waren Werbeflächen in ihren Läden oder auf ihren Grundstücken anbieten, wie Der Handel in seiner jüngsten Juni-Ausgabe berichtet. Gemeint sind damit In-Store-Werbeflächen wie beispielsweise Videobildschirme, auf denen neben den eigenen Marken zunehmend auch die Produkte und Dienstleistungen anderer Anbieter in Szene gesetzt werden. Retail Media bietet den Händlern somit eine zusätzliche Einkommensquelle, durch die sich ihre Geschäftsflächen mit entsprechender Besucherfrequenz besser monetarisieren lassen. 

In einigen Baumärkten auf der Grünen Wiese werden derartige Werbemaßnahmen mit kleinen Videobildschirmen zwar schon länger betrieben, nun scheinen sie offenbar aber auch in den 1A-Lagen der Innenstädte für Branchen mit weitaus kleinerer Verkaufsfläche zunehmend interessanter zu werden.  

So berichtet Der Handel, dass OBI und Douglas bereits eigene Gesellschaften wie die OBI Media gegründet hätten. Bei Douglas arbeiten schon 35 Personen im Retail Media Team, wobei dort momentan noch ausschließlich via Onlineshop agiert wird. Die Ausweitung auf den In-Store Bereich vor Ort liegt jedoch bei vielen Händlern nahe - also überall dort anzusetzen, wo Kunden am viel zitierten Point of Sale und „nah am Kauf“ mit zusätzlichen Werbebotschaften unmittelbar erreicht werden können. 

Besonders ist dabei hervorzuheben, dass beispielsweise OBI in seinen Märkten nicht nur „Werbeflächen“ an Marken verkauft, die bei OBI selbst gehandelt werden, sondern dass auch Unternehmen fachfremder Branchen wie Versicherungen die Flächen buchen können.

Somit kann durch Retail Media die Flächenproduktivität erhöht werden, ohne vor Ort mehr Personal einstellen zu müssen. Bereits im letzten Jahr wurde in W&V festgestellt, dass mittels Retail Media durchaus höhere Margen möglich seien als im Handelsgeschäft.  

Aktuell investieren vor allem größere Händler. Ob das Retail Media Geschäft in Zukunft auch für Einzelhändler mit kleinen Ladenflächen zu einem guten Kosten-Nutzen-Verhältnis führen könnte? 

Für den einen oder anderen mag ein solches Konzept tatsächlich vielversprechend sein. Man denke beispielsweise an die Verlagerung des traditionellen Tankstellengeschäftes, dessen Wertschöpfung zunehmend nicht mehr durch das ursprüngliche Kerngeschäft bestimmt wird, sondern durch ergänzende Produkte im Vorkassenbereich wie zum Beispiel Snacks, Getränke oder Zeitschriften. Es könnte sein, dass manche Händler durch Zusatzeinnahmen aus Retail Media ein ähnliches "Nebengeschäft" zu einer signifikanten Einnahmequelle machen können.

 

Deutlicher Anstieg von Ladendiebstählen

Eine Anfang Juli veröffentlichte Studie des EHI zeigt, dass gemäß polizeilicher Kriminalstatistik die zur Anzeige gebrachten Ladendiebstähle im Jahr 2023 von 344.669 auf 426.096, also um fast 24 Prozent angestiegen sind. Außerdem gehe aus der Differenz aus ermittelten Diebstählen und dem durch Inventur ermittelten Schwund hervor, dass zusätzlich ein Vielfaches an Ladendiebstählen unentdeckt bliebe. 

In der Lebensmittelzeitung wurde zudem auf einzelne internationale Studien hingewiesen, die ergeben hätten, dass die Verbreitung von Selbstbedienungskassen zu mehr Einkaufsbetrug bei der Warenbezahlung verleiten würde. 

 

Shoppen weniger populär?

Eine aktuelle Studie mit dem Titel „Ausgebummelt: Wege des Handels aus der Spass- und Sinnkrise – Deutschland-Edition“ des GDI in Zürich kommt zu dem Ergebnis, dass sich offenbar bei vielen die Einstellung zum Shoppen geändert hat: Gehörte der Einkaufsbummel über viele Jahre hinweg zu den bevorzugten Freizeitaktivitäten, so wird Shopping mittlerweile eher als „mühsame Tätigkeit“ wahrgenommen.

Heraus stach auch die Neubewertung des Faktors „Zeit“: So hätten die Befragten über die Zunahme an Zeitstress (vermutlich auch bedingt auch durch die immer schlechter werdende Erreichbarkeit von Innenstadt-Lagen?) geklagt, weswegen sie gemäß der Studie ihre knapper werdende Zeit immer weniger mit Einkaufsbummeln verbringen wollten. 

 

Mobile Bezahlvorgänge steigen, Bargeld-Zahlungen im Rückgang

Die Bargeld-Zahlungen in Deutschland gehen weiterhin zurück. Im vergangenen Jahr seien zwar immer noch 51 Prozent der Zahlvorgänge in Deutschland mit Bargeld vollzogen worden, es waren aber 7 Prozentpunkte weniger als im Jahr 2021, wie die FAZ vom 2. Juli vermeldete. Im Jahr 2017 hatte der Bargeld-Anteil der Anzahl aller Zahlungen noch 74 Prozent betragen.

 Die Vermutung liegt nahe, dass die Bargeld-Quote auch im stationären Handel weiterhin sinken wird. Daraus resultieren womöglich Änderungen im Ladenbau, weil Kassenbereiche vermehrt umdesignt und um (oftmals bargeldlose) Self-Checkouts ergänzt oder teilweise ersetzt werden.


Innenstadtansicht

 
 

“Standortwechsel”
© Foto: Archiv Domino

 

 
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