Mietpreisspiegel für Verkaufsflächen in 1A-Lage: Nur begrenzt aussagekräftig (Juni 2024)
Domino Konkret Newsletter vom Juni 2024
Während das Wohnraummietrecht Vorschriften für das Veröffentlichen und Erstellen von Mietspiegeln vorsieht, bestehen für gewerblich genutzte Räume keine vergleichbaren Regelungen. Die Vertragsparteien können bei gewerblichen Verträgen die jeweiligen Miethöhen und Rahmenbedingungen mehr oder weniger frei verhandeln.
Aufgrund eines veränderten Konsumverhaltens der Verbraucher, beeinflusst unter anderem durch steigende Lebenshaltungskosten in den Bereichen Energie, Lebensmittel, Handwerker und einer allgemeinen Unsicherheit in dieser „Multikrise“, sind die Rahmenbedingungen für Gewerbemieter und Eigentümer der Handelsimmobilien aktuell sehr unübersichtlich.
Vielfach werden daher von Vermietern, die nun oft mit Änderungs- oder Neuverhandlungen der Mietverträge für ihre Verkaufsflächen in 1A-Lage konfrontiert werden, aktuelle Einzelhandelsmietpreisspiegel als Orientierungshilfe angefragt, um so entsprechend für die Gespräche „gewappnet“ zu sein.
Doch auf welcher Datengrundlage und von welchen Experten werden diese Tabellen überhaupt veröffentlicht?
Die bislang von spezialisierten Maklerunternehmen für die 1A-Geschäftslagen publizierten Mietpreisspiegel waren und sind rechtlich nicht verbindlich und entsprachen bislang dem „subjektiven Erfahrungsausschnitt“ der jeweiligen Unternehmen. In Zeiten des Wachstums mögen diese Schätzungen und Hochrechnungen auf meist recht überschaubarer Datenbasis zu einer „Self-fulfilling prophecy“ geführt haben, was rückblickend mit ursächlich war für einen jahrelangen Anstieg von Mieten und Kaufpreisen in diesen Lagen.
Mittlerweile sind jedoch viele Akteure von der Realität eingeholt worden: Entweder wurde die Veröffentlichung dieser Mietspiegel völlig eingestellt, oder aber man beschränkt sich nur noch auf eine Liste von wenigen ausgewählten Top-Städten hierzulande.
DOMINO hat - obwohl seit rund 35 Jahren bundesweit erfolgreich in den 1A-Geschäftslagen tätig - bislang nicht ein einziges Mal an der Veröffentlichung von Einzelhandelsmietspiegeln mitgewirkt. Warum?
5 Gründe haben und werden uns auch künftig davon abhalten, pauschalisierende Mietpreistabellen für bundesdeutsche Fußgängerzonen zu publizieren:
1. Definition von vergleichbaren 1A-Lagen: Nirgendwo gibt es verbindliche Definitionen zur oft zitierten „1A-Lage“ in der Innenstadt. Nicht selten sind es bereits 50 Meter Distanz, die „falsche Straßenseite“, eine plötzliche Aneinanderreihung unattraktiver Interimslösungen oder gar eine leerstehende Kaufhausfront, die den Unterschied ausmachen. Jede einzelne Mietpreisfindung in solchen Straßenzügen erfolgt dann praktisch nach dem Zufallsprinzip.
2. Termin des jeweiligen Vertragsabschlusses: Der Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses hat großen Einfluss auf das Mietpreisniveau, insbesondere in Zeiten gravierenden Wandels. Es ist naheliegend, dass zum Beispiel Nachrichten über die Schließung des wichtigsten Arbeitgebers einer Stadt oder über die Aufgabe des größten City-Kaufhauses gravierende Folgen auf die Verhandlungen bei Neuvermietungen lokaler Einzelhandelsflächen hat (Vertragsabschlüsse ½ Jahr früher oder später sehen bei vielen Mietern oft ganz anders aus).
3. Flächenknappheit oder Flächenüberhang zum Zeitpunkt der Verfügbarkeit der Mietfläche: Angebot und Nachfrage regeln den Mietpreis. Ein Beispiel? Wenn in vergleichbarer 1A-Lage zum Zeitpunkt der Verfügbarkeit einer Mietfläche von z.B. 80 qm gleichzeitig vier weitere Verkaufsflächen in gleicher Größe und mit vergleichbarem Zuschnitt zur Vermietung angeboten werden, aber nur 2 Einzelhandelsfirmen diese Größenordnungen zu diesem Zeitpunkt nachfragen, dann hat das entsprechende Auswirkungen auf das Mietniveau der betroffenen Ladengrößen.
4. Mietbelastungsgrenzen einzelner Branchen: Nicht jede Branche kann die gleiche Mietbelastung tragen. Wenn sich beispielsweise für besagten 80 qm-Laden zum Zeitpunkt dessen Verfügbarkeit „nur“ ein Reisebüro als Mieter findet, so hat der Vermieter des Nachbarobjektes, der zum Zeitpunkt der Verfügbarkeit seiner vergleichbaren Mietfläche einen Telefonanbieter als Mieter gewinnen konnte, sicherlich eine deutlich höhere Miete erzielen können.
5. Die Summe aller Vertragsmodalitäten als Wundertüte: Erst das gesamte Spektrum aller Vertragsdetails wie zum Beispiel genaue Größenordnungen und Zuschnitte der Verkaufs- und Nebenflächen, Nettomieten, Indexierungen, mietfreie Zeiten, Baukostenzuschüsse, Vertragslaufzeiten, Sonderkündigungs-, Rück- bzw. Ausbauwünsche der Mieter etc. führt letztlich zum Zustandekommen eines für alle Beteiligten fairen Mietpreisniveaus. Es ist nahezu unmöglich, die Summe dieser mietpreisbildenden Details bei pauschalisierenden Vergleichstabellen zu berücksichtigen.
Fazit:
Mietpreisspiegel und Aussagen zu Mietpreisen ohne eine im Vorfeld detaillierte Prüfung aller Parameter des jeweiligen Mietobjektes sollten immer nur als grobe Orientierungshilfe betrachtet werden.
Eine wirklich belastbare Aussage zum realistischen Mietpreis ist erst dann möglich, wenn geprüft werden konnte, welche Branchen zum Zeitpunkt der Verfügbarkeitden Standort nachfragen, ob die Fläche von den baulichen Rahmenbedingungenher dann tatsächlich geeignet wäre und an welche vertraglichen Erwartungen der potenzielle Mieter sein Mietpreisangebot knüpft.
Bei allen Fragen zur Einschätzung eines realistischen Mietpreispotenzials helfen wir Ihnen gerne: Rufen Sie uns bei Bedarf an.
Sie erreichen Frau Dipl. Ing. Architektin Marianne Dickmann unter 0231-559 8410.
Happy Birthday, Shopping Center
Einkaufszentren bestehen in Deutschland seit nunmehr 60 Jahren. Hierzulande gibt es aktuell 506 Center, die Anzahl ginge aber erstmalig zurück, da einige der Zentren wegen reduzierter Fläche aus den Statistiken fielen, berichtet das EHI Retail Institute.
Demnach sei einer der Gründe für den Rückgang der Retail-Fläche vor allem, dass Center öfter unter "Mischnutzungen" betrieben würden, "wobei die Center sich in ihrer Struktur vielfältiger aufstellen und einen Teil der Handelsfläche beispielsweise durch Freizeitangebote, Gesundheitsdienstleistungen, Büros, Hotels oder Behörden" nutzen würden.
Sommer-Erwartungen
Die Zuversicht der Verbraucher kehre zurück, schreibt das Handelsblatt und bezieht sich auf das aktuelle HDE Konsumbarometer. Dieses sei für Juni um um 1,35 Zähler gestiegen und erreiche mit 98,86 Punkten den höchsten Stand seit August 2021.
Trotzdem gäbe es keinen Grund, ein "Sommermärchen" zu erwarten: Die aktuelle Lage bewerteten die Einzelhändler gemäß Handelsblatt zwar leicht positiv, die Erwartungen für die kommenden Monate seien jedoch klar negativ.
Innenstadtansicht
Nicht vergleichbar: Lieber mehr Deckenhöhe oder Quadratmeter?
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