Zunehmend eine Herausforderung: Nutzungsänderungen im Einzelhandel (September 2024)
Domino Konkret Newsletter vom September 2024
Gewerblich genutzte Immobilien unterliegen dem stetigen Wandel. Immer häufiger muss bei einem Mieterwechsel auch eine sogenannte Nutzungsänderung beantragt werden, wenn etwa ein neu geplantes Shop-Konzept von der baurechtlich bereits genehmigten Nutzung der Fläche abweicht. Allzu oft wird dabei die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit entweder völlig außer Acht gelassen oder aber erst sehr spät geprüft, was zu längeren Leerständen in den Innenstädten führen kann.
Während man sich früher bei abzeichnendem Vertragsende bzw. Mieterwechsel meist schon monatelang vor Auslauf der Bestandsmietverträge mit einer eventuell notwendigen Nutzungsänderung auseinandersetzen und diese ggf. in Ruhe behördlicherseits prüfen bzw. bewilligen lassen konnte, gerät diese formal notwendige Beantragung angesichts der aktuellen Situation im Einzelhandel aufgrund plötzlicher Mieter-Pleiten und Geschäftsaufgaben mittlerweile zu einem komplizierten Balanceakt. Lange Bearbeitungszeiten, ein manchmal übertrieben bürokratisch anmutendes Behörden-Gebaren und in den 16 Bundesländern teils unterschiedliche planungsrechtliche Auslegungen machen es nicht einfacher, den drohenden Leerstand in bester Lage möglichst kurz zu halten oder bestenfalls gar gänzlich vermeiden zu können. Hierzu nachfolgend ein zumindest grober Überblick.
Beim Bau beziehungsweise der Genehmigung eines fertiggestellten Gebäudes ist diesem üblicherweise ein bestimmter Zweck zugewiesen worden. Eine "Nutzungsänderung" beschreibt eine vom baurechtlich eingetragenen Grund der Beanspruchung abweichende Funktion.
Eine Nutzungsänderung ist nicht erforderlich, wenn die neue Geschäftstätigkeit in einer Mietfläche im Rahmen des bereits genehmigten Nutzungszwecks liegt oder wenn es sich um nur geringfügige Änderungen handelt, die keine baurechtlichen Auswirkungen haben.
Dies ist beispielsweise der Fall, wenn das neue Shop-Konzept ebenso wie das vorangegangene einer klassischen Einzelhandelsnutzung entspricht. Dabei spielt die Branche keine Rolle: Auf Textilien können beispielsweise Schuhe folgen und Sportartikel lassen sich problemlos durch Parfümerie-Sortimente ersetzen. Optiker fallen in den meisten Landesbauordnungen ebenso unter Einzelhandel wie Hörgeräte-Akustiker.
Dagegen wird bei einem Wechsel vom klassischen Handel hin zu Friseursalons, Wettannahmestellen, Shisha-Bars oder Nagelstudios durchweg die Beantragung einer Nutzungsänderung erforderlich, ebenso bei Gastro-Konzepten, Lebensmittelhändlern, Metzgereien oder Bäckereien. Hier werden vor allem die lebensmittelhygienischen Anforderungen sowie die brandschutzrechtlichen Besonderheiten geprüft. Hinzu kommen die Anforderungen des Bauordnungsrechts. Demnach kann eine neue Nutzungsart u.a. eine Anpassung der Raumhöhe, der Notausgänge, der sanitären Anlagen, der Schallschutzbestimmungen, der Arbeitsschutzrichtlinien oder des Stellplatzbedarfs erforderlich machen.
Konkret: Nutzungsabsicht genau prüfen
Als Vermieter sollte man daher im konkreten Falle eines Mieterwechsels die Nutzungsabsichten eines neuen Mieters genau prüfen. Weichen diese vom bereits genehmigten Zweck ab, bedarf es einer Nutzungsänderung. Gleiches gilt bei einer Untervermietung der Mietfläche oder wenn ein Mieter innerhalb der Räumlichkeiten einem abweichenden/neuen Geschäftszweck nachgehen möchte.
Von der baurechtlichen Zulässigkeit des Nutzungszwecks zunächst losgelöst sind mietrechtliche Vereinbarungen.
Der Nutzungszweck kann zwischen Vermieter und Mieter frei bestimmt werden, wobei sowohl vergleichsweise allgemeine Vereinbarungen (etwa die gewerbliche Nutzung) als auch sehr spezifische Regelungen (beispielsweise der Betrieb eines Einzelhandelsgeschäftes für Bücher) denkbar sind. Änderungen der vertraglich fixierten Nutzungsart durch den Mieter bedürfen dann der Zustimmung des Vermieters, sofern sie nicht bereits durch die getroffene Vereinbarung gedeckt sind.
Nicht erforderlich ist die Zustimmung des Vermieters a) bei einer bloßen Ausdehnung der Nutzung ohne abweichendes Kerngeschäft oder aber b), wenn kein konkreter Nutzungszweck im Mietvertrag benannt worden ist. Situation b) hat jedoch Tücken, da der Vermieter grundsätzlich dafür zu sorgen hat, dass der Mieter die angemietete Fläche während der gesamten Dauer des Mietverhältnisses gemäß des vertraglich vereinbarten Zweckes nutzen kann.
Ohne konkrete Benennung eines Nutzungszweckes im Mietvertrag kann eine vom Mieter geplante oder vorgenommene Nutzungsänderung daher womöglich mietrechtlich legitim sein, obwohl sie nicht mit dem Baurecht in Einklang steht. Dies gilt ebenso für mehrere festgelegte Mietzwecke, wobei der Vermieter als Hauptverantwortlicher in diesem Fall für eine entsprechende Nutzungsänderung sorgen muss. Bekommt er keine Genehmigung, erlischt die Nutzungsmöglichkeit der Mietfläche aus baurechtlicher Sicht.
Es ist daher aus Vermietersicht sinnvoll, den Mietzweck vertraglich einzuschränken bzw. zu präzisieren, sowie ggf. auch die Zustimmung zu etwaigen Nutzungsänderungen von der baurechtlichen Genehmigung abhängig zu machen. Ebenso empfiehlt es sich, Untervermietungen an den vereinbarten Mietzweck des Hauptmietvertrages zu koppeln.
Schlusslicht im Einzelhandels-Konsum
Das Marktforschungsunternehmen GfK hat in einer Erhebung festgestellt, dass der Anteil der Einzelhandelsausgaben am privaten Konsum bei deutschen Konsumenten im europäischen Vergleich mit am niedrigsten ist. Diese Quote beträgt in Deutschland 27%, nur die Schweiz liegt mit 25% noch darunter. Ungarn wartet mit dem höchsten Anteil von 50% auf, in Frankreich beträgt der Anteil 39%, wie die Immobilien Zeitung am 5. September vermeldete.
Wachstum: Modemarkt-Umsätze zurück auf dem Niveau vor Corona
Gemäß dem Fashion Report 2024 der IFH Köln und BBE Handelsberatung wurde in der Modebranche im Jahr 2023 erstmalig wieder das Umsatzniveau von 2019 übertroffen, wie die Textilwirtschaft berichtet. Die Institute gingen zukünftig von einem jährlich "stetigen, aber langsamen Wachstum aus, und zwar zwischen 1,4% und 1,8%." Dies deutet darauf hin, dass sich der Modemarkt entgegen dem allgemeinen Wirtschaftstrend im Aufschwung befindet.
Innenstadtansicht
Fast fertig - oder Eröffnung erst in einigen Monaten? © Foto: Archiv Domino