Black-Friday-Rabatte und Lebkuchen: Die Psychologie im vorweihnachtlichen Einzelhandel (Dezember 2024)
Domino Konkret Newsletter vom Dezember 2024
Deutschland, ein Wintermärchen? Anfang Dezember war die Überraschung groß: Durchschnittlich fast 50% mehr Besucher in den Innenstädten seien um den Black Friday herum vermeldet worden, berichtete der Stern in einer erstaunlichen Meldung. Demnach seien vereinzelt sogar noch deutlich höhere „Ausreißer“ erreicht worden: Augsburg (+390 Prozent), Chemnitz (+221) und Rostock (+204), so jedenfalls meldete es das Datenportal von Hystreet.
Der Grund liege in einer Mischung aus gutem Wetter, bereits vorzeitig eröffneten Weihnachtsmärkten und hohen Rabatten zum Black Friday. Selbst an den Tagen vor dem Black Friday seien die Passantenzahlen bereits 39 Prozent höher gewesen als im Vorjahr, analysierte man in der Hystreet-Pressemitteilung.
Die Relevanz des Black Fridays und der sogenannten „Black Week“ um dieses Datum herum scheint also für die Innenstädte in den letzten Jahren stark gewachsen zu sein. Vormals vor allem als eine verkaufsfördernde Maßnahme des Onlinehandels bekannt (welcher mit dem „Cyber Monday“ eine zusätzliche Verlängerung des Rabatt-Spektakels „feiert“), scheint das Black Friday Event nach vielen Jahren der Einführung in anderen westlichen Ländern nun endgültig auch im stationären Einzelhandel hierzulande fest verankert zu sein.
Grundsätzlich wäre es eher naheliegend, dass sich die Konsumbereitschaft angesichts der außenpolitischen Krisen und des innenpolitischen Entscheidungsvakuums aufgrund des Ampel-Endes eher negativ entwickelt. Umso bemerkenswerter sind daher die aktuellen Meldungen und Analysen, die weitaus mehr (leichten) Optimismus erwarten lassen, als es die sprichwörtliche „German Angst“ vermuten ließe:
So geht der HDE (Handelsverband Deutschland) in seiner Prognose für das Weihnachtsgeschäft bundesweit von einem Umsatzplus von 1,32 Prozent im Vergleich zum Vorjahr aus, wie im MDR zu lesen war. Auch gemäß der IFO Konjunkturumfrage vom 2. Dezember hat sich das Geschäftsklima im Einzelhandel in der Vorweihnachtszeit verbessert.
Welche Rückschlüsse lassen sich aus solchen Meldungen ziehen? Welche psychologischen Faktoren schaffen offensichtlich auch in wirtschaftlich unruhiger werdenden Zeiten ein Umfeld, das den Kaufimpuls massiv verstärkt?
Wenn heutzutage vermeintliche Sonderangebote ganzjährig auf Bestellplattformen wie Temu und Shein für jedermann verfügbar scheinen, dann wird ein erfolgreiches „Jagen & Sammeln“ zur neuen Normalität. Entstanden früher bei zufällig entdeckten oder lange gesuchten Schnäppchen noch echte Glücksgefühle, so hat sich die Emotionalität beim Kaufvorgang weg von der Entdeckung des Angebotes hin zur physischen bzw. haptischen Übertragung des Produktes auf seinen neuen Besitzer verlagert. Und da bringen punktuelle „Verkaufsevents“, besonders in Kombination mit stimmungsträchtigen Anlässen, einfach mehr Spaß beim Konsum.
Emotional aufgeladene Events führen zu impulsivem Verhalten. Käufer sind bei solchen Anlässen eher bereit, kurzfristige Entscheidungen zu treffen, weil sie in derartigen Situationen eher emotional als rational gesteuert sind.
Weihnachtsmärkte beispielsweise sind ein Garant für Konsum-unterstützende Emotionen. Sie schaffen eine angenehme Atmosphäre, die positive Emotionen wie Freude, Nostalgie oder Geborgenheit weckt - und solch positive Gefühle steigern die Bereitschaft, Geld auszugeben.
Begrenzte Angebote (zum Beispiel zeitlich befristete Rabatte beim Black Friday oder saisonale Produkte auf Weihnachtsmärkten) wecken den Eindruck, dass Produkte besonders wertvoll sind. Die Angst, etwas zu verpassen, erzeugt den Drang, Kaufprozesse ohne sonst übliche Abwägungen baldmöglich abzuwickeln.
Wichtig wird auch wieder der direkte Kontakt mit den Produkten (Anfassen, Probieren, Schmecken, Riechen usw.) vor Ort. Damit wird das Verlangen verstärkt, diese tatsächlich auch besitzen zu wollen, was online selbst mit ansprechenden Bildern und Videos nicht annäherungsweise möglich ist.
Was bedeutet dies für die Vermieter und Händler in den 1A-Lagen der Innenstädte?
Events wie beispielweise der „Black Friday“ oder die Weihnachtsmärkte bringen Menschen wieder in die Innenstädte, wenn sie es schaffen, die emotionale Stimulierung, die Illusion von Knappheit, sensorische Reize oder gar Gruppendynamiken zu erzeugen, mit denen sich die Kaufbereitschaft steigern lässt.
Selbst in wirtschaftlich schwierigen Zeiten sind Menschen offensichtlich bereit, immer dann etwas auszugeben, wenn sie positive Erlebnisse haben, sie sich kleine Belohnungen gönnen können oder das Gefühl haben, klug gespart zu haben.
Die Schlussfolgerung liegt also nahe, dass Städte und Händler - auch ohne Black Friday und Weihnachtsmarktambiente - nach dem Jahreswechsel vermehrt in gut durchdachten und ausgewählten Promotionen "denken" müssen, um Passanten dauerhaft "wieder" in die Innenstädte zu locken.
In diesem Sinne wünschen wir Ihnen schöne Weihnachtstage und einen optimistischen Start ins NEUE Jahr. 🌲
Innenstadtansicht
Innenstadtbegrünung: Bereit für den großen Tag...