Bevölkerungsrückgang in deutschen Städten - Risiken und Chancen für die 1A-Citylagen

Deutschland schrumpft und seine Bevölkerung wird dabei immer älter. Von heute über 82 Mio. Bundesbürgern wird es nach offi ziellen Hochrechnungen je nach Szenario im Jahr 2050 nur noch 65-72 Mio. Einwohner geben. Der Höchstwert wird dabei nur erreicht, wenn dauerhaft mit einer Nettozuwanderung von ungefähr 250.000 Einwohnern pro Jahr gerechnet wird, also deutlich mehr, als z.Z. gegeben.

Würde man unrealistischerweise alle Zuwanderungsüberlegungen ausklammern, wären es lediglich nur noch 50-60 Mio. Menschen, die sich 2050 über die Nation verteilen. Die Republik hätte sich dann um ein ganzes Drittel verschlankt und nicht nur die sozialen Sicherungssysteme ständen vor einem Kollaps. Aller Voraussicht nach dürfte der Anteil der über 80-jährigen ab 2050 etwa gleich groß sein wie die Gruppe der unter 20-jährigen.

Die Stadtentwicklung muss sich mit dieser demographischen Wende frühzeitig auseinandersetzen, will man nicht vor Ort vollkommen unvorbereitet auf Probleme stoßen, deren Dimension sich bereits heute schon in den meisten Städten der neuen Bundesländer abzeichnet.

Einwohnerverluste von 15 bis über 30 % sind dort die Regel. Nur wenige Ausnahmen wie die Städte Leipzig, Dresden und Jena haben frühzeitig erfolgversprechend gegensteuern können.

Mittlerweile sind bereits auch die ersten Regionen in den alten Bundesländern von diesem Schrumpfungsprozess eingeholt worden. Dabei handelt es sich nicht nur um Sonderfälle, wenn in einzelnen Städten schlimmstenfalls nicht nur eine ganze Standortprägende Industrie wegbricht, sondern gleichzeitig z.B. aufgrund von Truppenabbau auch noch Kasernen geschlossen werden und damit die Kaufkraft vor Ort total einbricht.

Vor allem im Ruhrgebiet gibt es schon jetzt massive Bevölkerungseinbußen. Mehrere Großstädte verzeichnen dort Bevölkerungsrückgänge im fünfstelligen Bereich. Gelsenkirchen hat seit 1975 sogar 130 000 Einwohner verloren!

Damit verbunden sind negative Begleiterscheinungen wie Wohnungsleerstand, Kaufkraftabfluss und die ersten Infrastrukturprobleme wegen suboptimaler Auslastung. Man spricht bereits von einer „Perforation der Städte“.

Diese Entwicklung wird auch vor der restlichen Bundesrepublik nicht Halt machen. Nach den montangeprägten Gebieten, die schon heute diese Entwicklung durchlaufen, werden bis 2015 auch die übrigen industrialisierten Verdichtungsräume betroffen sein. Und selbst die heute prosperierenden Wirtschaftsstandorte in Bayern und Baden-Württemberg werden sich ab 2020 mit dem Bevölkerungsrückgang und seinen Folgen auseinandersetzen müssen.

Dieser unausweichliche Entwicklungstrend ist nicht nur für die Stadtplanung als Ganzes eine große Herausforderung. Insbesondere für die Innenstadtbereiche und damit auch für die sogenannten 1-A Citylagen ergeben sich daraus einige Handlungsnotwendigkeiten.

Je nach der aktuellen Attraktivität der Stadt ist hier schon sehr schnell Gefahr in Verzug. Nur wenige wirtschaftlich gesunde Groß- und Mittelstädte im bevorzugten Südwesten der Republik können es sich momentan noch leisten, Gegenmaßnahmen zum Erhalt der City-Attraktivität etwas beschaulicher anzugehen.

Was der Bevölkerungsrückgang konkret zu bedeuten hat

Mindestens drei Themenbereiche sind bei schrumpfenden Einwohnerzahlen bereits heute auch schon für die innerstädtische Entwicklung prägend:

  • KAUFKRAFTRÜCKGANG - Der Rückgang der Bevölkerung wird in allen Mittel- und Oberzentren mittel- bis langfristig zu einem Rückgang der Kaufkraft führen. Allein für das Ruhrgebiet hat man für das Jahr 2015 etwa 7-8 Mrd. Euro jährlich weniger Kaufkraft hochgerechnet.
    Damit sinkt auch der Bedarf an Verkaufsfläche und die wirklichen, von der Konjunktur unabhängigen 1A-Citylagen werden sich verkleinern. Der heute noch in vielen Städten stattfindende Centerneubau muss angesichts dieser Entwicklungen zwangsweise zu Überkapazitäten an Verkaufsflächen führen und wird damit die Attraktivität der Innenstädte langfristig aufgrund von Leerstand und Verödung eher gefährden als stützen.
    Dabei findet die Perforation ehemals begehrter Fußgängerzonen in einigen westdeutschen Städten bereits heute schon statt, wenn z.B. innerhalb von 200 m ehemals bester Citylage drei Geschäfte der Kategorie "Jedes Stück für 1 Euro“ eröffnen.

  • NEBENKOSTEN - Der sich abzeichnende Bevölkerungsrückgang führt unweigerlich zur Minderauslastung von Infrastruktureinrichtungen, die nicht alle steuerfinanziert werden.
    Stromversorgung, Abwasserbehandlung und Müllverbrennung sind z.B. umlagefinanziert und werden bei immer ungünstigerer Auslastung zu einem überproportional stark anwachsenden Nebenkostenanteil der Immobilien führen, von denen der Einzelhandel (Beleuchtung, Klimatisierung, Verpackung etc.) besonders stark betroffen ist. Dadurch steigt objektbezogen der Druck auf die Netto-Kaltmiete.

  • INDIVIDUALISIERUNG - Der Einzelhandel wird sich künftig mit seinen Angeboten immer mehr auf eine Heterogenisierung der Bevölkerung einstellen müssen.
    Ursache dafür sind einerseits die stark anwachsende Vielfalt individueller Lebensformen wie PatchWork-Gemeinschaften oder Single-Haushalte zu Lasten des traditionellen Familienmodells. Andererseits werden aufgrund der Zuwanderungen, die zur zumindest teilweisen Kompensation der demographischen Wende unbedingt notwendig sind (woher auch immer!), neue Zielgruppen mit ebenso individuellen Kaufverhaltensmustern entstehen.
    Schließlich wächst der Anteil der älteren, kaufkräftigen Bevölkerung mit den entsprechenden spezifischen Wünschen (Markentreue, Produktberatung, Bringdienste etc.) ständig an. Die vorzuhaltenden Shop-Konzepte müssen dafür offen, flexibel und anpassungsfähig sein.

Viele Filialisten haben die oben geschilderten, erkennbaren Trends bereits heute in ihre Expansionsstrategien und Marketingüberlegungen mit integriert.

Das bezieht sich dann sowohl auf die bautechnischen Anforderungen an die Ladenlokale als auch auf besondere vertragsrechtliche Regelungen zur Anmietung der Immobilie.

Fazit

Wir bei Domino haben in den letzten Monaten nicht feststellen können, dass die Nachfrage zur Anmietung guter Ladenlokale in 1A-Citylagen rückläufig war.

Vielmehr ist ein anwachsendes Interesse gerade an solchen Immobilien zu spüren, bei denen nicht nur die Lage passt, sondern sich in gleichem Maße die Anforderungen der individuellen Marketingkonzepte der einzelnen, immer noch expansiven Filialisten weitestgehend umsetzen lassen.

Gleichzeitig wird allerdings vielfach eine Mietpreisabsenkung erwartet, weil die Umsatzrenditen der vergangenen Jahre offensichtlich nicht mehr nachhaltig zu erwirtschaften sind. Der Entscheidungsprozess im Falle der Neuvermietung eines Geschäftshauses in 1A-Citylage wird also komplexer und vielschichtiger.

Je mehr Sachkompetenz in Hinblick auf Lagebewertung, Ladenbau und die verschiedenen Einzelhandelskonzepte vorhanden ist, desto größer sind für den Eigentümer die Chancen, seine Immobilie zu fairen Konditionen auch langfristig wieder gut zu vermieten.


 

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